Leben und Werk
Der Schweizer Bildhauer Ernst von Wyl ist fasziniert vom Stein, das vielseitige Material bestimmt sein Leben von Kindheit an. In dritter Generation wählt auch er den Beruf des Steinbildhauers. Nach einer Weiterbildung an der Kunstschule Mayen folgen Lehr- und Wanderjahre, bis er das väterliche Atelier in Hergiswil am See übernimmt. Er erneuert die Grabmalkunst der 60- und 70er Jahre, indem er individuell bezogene Grabmale schafft, für die ihn der “Verband der Schweizer Bildhauer und Steinmetze” mit etlichen Qualitätszeichen auszeichnet. Gleichzeitig bildet er seine künstlerischen Kenntnisse und Fähigkeiten durch das zeichnerische Studium während zahlreichen Kunstreisen kontinuierlich weiter. So entwickelt er in Stein, wie auch in der Malerei, seinen ureignen unverwechselbaren Stil.
“Ernst von Wyl’s Skulpturen zeigen keine Kraftakte oder grosse Gebärden. Ihre Gesten sind vielmehr zart, ihr Ausdruck intim. Sie verkörpern ein gelassenes in-sich-Ruhen, dass sich dem Betrachtenden durch die sanfte Geschlossenheit der Form mitteilt. Die Figuren haben kompakte Glieder und fliessende Rundungen. Liebespaare, Mütter und Kinder oder Zwillingsfiguren verschmelzen zu einer Einheit; Haare und Gewänder bilden mit der Figur ein Ganzes. Eher Klein sind die meisten Skulpturen. Die Monumentalität einer Skulptur resultiert nicht aus ihrer messbaren Grösse, sondern der Kraft der Form” (Becker, 2010).
Das passende Material für seine Steinskulpturen sucht er meist in der Schweiz oder in Frankreich und Italien. So findet er die Steine gezielt oder auch mal unverhofft und bearbeitet diesen zielgerichtet, verbunden mit einer überzeugten Intuition. Häufig entdeckt er im Charakter des Steins eine inhärente Gestalt. Dieser Spur folgend, zeichnet er ein paar Hilfslinien direkt auf den Rohling. So offenbart sich ihm, gekoppelt mit der Vorstellung, die eigentliche Idee durch Maserung, Farbe und Beschaffenheit des Materials. Die erste Arbeit am Stein beschränkt sich somit auf ein paar gezielte Eingriffe. Danach, sobald sich die Form ihm zeigt, folgt die fragende Betrachtung in Abwechslung mit der Weiter- und Feinbearbeitung bis hin zur abschliessenden Formgebung. Berührend überprüft er in diesem Prozess Erhebungen und Einbuchtungen; es scheint fast, als würde er seine Werke nicht mit Werkzeugen, sondern mit Händen formen.
“Damit steht seine Kunst in einer Tradition, die bis in die Vorgeschichte zurückreicht und ebenso in der klassischen Moderne verankert ist. Die natürliche Steingestalt bestimmt die Form seiner Figuren und gibt ihnen die archaische Kraft ihres Ausdrucks. Und auch das wichtigste Motiv seines Werks gehört zu den Menschheitsthemen, die bis heute gültig sind: Die Frauenfigur. Mit ihr hat Ernst von Wyl etwas geschaffen, das über den Ort seiner Herkunft weit hinausreicht. Seine Frauenskulpturen sind Kultfiguren eines persönlichen Universums, in dem sich die Verehrung der Fruchtbarkeit mit der Schönheit der Form vereint” (Becker, 2010).
Biografie
geboren mit Zwillingsbruder Josef am 27. Dezember 1930 in Hergiswil am See
1945 – 1950 Lehre als Steinbildhauer bei seinem Vater Josef von Wyl
1946 – 1950 Kunstgewerbeschule Luzern, Abteilung Bildhauerei
1951 – 1952 Schule für Bildende Kunst und Steinmetzerei Mayen, Deutschland
1952 – 1959 Arbeits- und Weiterbildungsaufenthalte im In- und Ausland
1959 – Übernahme des Bildhauerateliers von Josef von Wyl
ab 1955 Grab- und Denkmale sowie Brunnenanlagen
ab 1955 Sakrale Kunst, Innen- und Aussenraumgestaltungen von Kirchen
ab 1955 zahlreiche Studienaufenthalte im In- und Ausland
ab 1955 Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum
ab 1974 Freie Kunst, Einzel-und Gruppenausstellungen
gestorben am 15. Oktober 2011 in Hergiswil am See
Auszeichnungen
1952 - 1. Preis, Kunst am Bau für die Landesbank Mayen im Reinland, Deutschland. (Studierenden-Wettbewerb). Erster öffentlicher Auftrag.
1967 – 1999 Auszeichnungen “Qualitätszeichen für besondere Leistungen des VSBS” (Verband Schweizer Bildhauer und Steinmetze), publiziert in “Kunst und Stein”.
1972 - 1. Preis, Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung von Wandelementen an der neuen Berufsschule in Sarnen. Thema: Kritik. Ausführung September 1972.
1974 - 1. Preis, Wettbewerb für die Chorgestaltung in der Kappelle des Alters- und Pflegeheim in Stans. Altar, Tabernakel, Ambo, Kreuz und Hocker. Ausführung 1975.
1976 - 1. Preis, Wettbewerb für ein Gemeinschaftsgrabmal, Friedhofanlage in Gerliswil-Emmen. Ausführung 1977.
1979 - 1. Preis, Wettbewerb für Kunst am Bau, Bahnhofneubau in Horw.
1979 - 1. Preis, Wettbewerb für einen künstlerischen Schmuck auf dem Friedhof Altdorf. Ausführung 1980.
1996 - 1. Preis, Gestaltung eines Kreuzwegs in der Pfarrkirche Interlaken. Vierzehn Reliefs für Stationen. Ausführung 1998.
Lernende
1973 - 1977 Pernoux Daniel, Luzern
1969 - 1973 Sigrist Richard, Netstal
1979 - 1983 Grönquist Rolf, Zug
1980 - 1984 von Wyl Phillippe, Hergiswil
1985 - 1988 von Wyl Beat, Hergiswil
1987 - 1991 Irma Bucher, Luzern
1989 - 1993 Judith Pillouel, Estavayer-le-Lac
1993 - 1994 Niffeler Karin, Horw
1992 - 1996 Kappeler Ursula, Zimmerwald
Publikationen
2010. Steinskulpturen - Ernst von Wyl, Ausstellungskatalog zur Retrospektive zum 80. Geburtstag.
2000. Steinseele - Einblicke in das Werk von Bildhauer Ernst von Wyl zum 70. Geburtstag, Video von Hans Eggermann, Luzern.
1990. Frauenskulpturen - Werkeinblick zum 60. Geburtstag.
Netzwerk
Nidwaldner Künstler Vereinigung Artig